Im Grunde kann Politik manchmal ganz einfach erklärt und veranschaulicht werden. Hochranginge Politiker im feinen Zwirn diskutieren und beschließen Gesetze zu Themen, von deren Basis sie oft so weit weg sind, wie die Karibik von einem alpinen Skigebiet. Kaum anders ist es zu erklären, dass am 28.02.2013 im Deutschen Bundestag bei einer Abstimmung zur Privatisierung des Wassers mit „Nein“ abgestimmt wurde. Und somit sagen 299 von 545 Stimmberechtigten: „Nein, Wasser ist kein Menschenrecht“. Sind es nur die wirtschaftlichen Interessen, die diese feinen Herren zu dieser grotesken Ansicht bringen oder wissen die meisten evtl. vielleicht auch gar nicht, was sie da mit ihrer Stimme angestellt haben? Politische Beschlüsse und die Wirklichkeit – zwei Dinge, die oftmals nicht zueinander finden.
Ähnlich verhält es sich offensichtlich mit einem Beschluss, den sich der FDP Mann Daniel Bahr ausgedacht hat. Seines Zeichens Bundesminister für Gesundheit. Sein Ziel: Die private Pflegeversicherung attraktiver zu machen. Sein Plan: Durch einen Zuschuss vom Bund in einer Höhe von 100 Millionen EUR die Versicherten zu locken. Jetzt, zwei Monate nach Einführung des sogenannten Pflege-Bahr wollen wir heute einmal ein erstes Fazit ziehen und schauen uns an, ob Herrn Bahrs Ideen schon erste Früchte tragen.
Der Plan
Die Kosten für die Plege in Deutschland sind heute schon immens hoch. Durch den bevorstehenden demografischen Wandel in den nächsten Jahren, wird die finanzielle Stellschraube stand heute weiter bedrohlich angezogen werden müssen. Abhilfe soll und kann eine private Pflegezusatzversicherung sein. Um diese den potentiellen Neukunden etwas attraktiver zu machen, hat sich Herr Bahr zusammen mit seinem Team etwas einfallen lassen.
Jeder Versicherte, der ein entsprechendes Produkt abschließt, erhält vom Staat eine Förderung von 60 EUR im Jahr. Vorausgesetzt ist, dass sich die jährliche Beitrassumme auf mindestens 120 EUR beläuft und der Tarif im Leistungsfall wenigstens einen Umfang von 600 EUR monatlich bei Pflegestufe III beinhaltet. Die Bundesregierung hat Herrn Bahr dafür 100 Millionen EUR für 2013 bereitgestellt. Man braucht nicht unbedingt seinen Taschenrechner rausholen, um zu ermitteln, dass dies ein Umfang von 1,7 Millionen Abschlüssen in selbigem Jahr bedeutet. Grund genug für uns nachzuprüfen, nachdem zwei Monatsblätter in diesem Jahr schon vom Kalender abgerissen wurden, ob und wie Herrn Bahrs Pflegereform in’s Rollen gekommen ist.
Die bisherigen Erfolge
1,7 Millionen neu Versicherte in 2013, macht nach Adam Riese rund 141.500 Abschlüsse pro Monat. Wie wir schon festgestellt haben, sind zwei Monate in diesem Jahr schon Geschichte und somit sollten rund 283.000 Neuabschlüsse unter Dach und Fach sein. Die Wahrheit sieht allerdings etwas anders aus. Ganz anders um genau zu sein. Lt. einem aktuellen Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel konnte die Branche im gesamten Januar nicht einmal die Zahl von 10.000 Abschlüssen knacken. Das ist nicht nur wenig, das ist verglichen mit den gesteckten Zielen schlichtweg ungenügend. Herr Bahr freilich steht weiter unbeirrt vorne auf dem Kutter und hält die Fahne in den Wind: „Auch bei der Riester-Rente dauerte es einige Zeit, bis die heutigen Zahlen erreicht wurden.“ Die Pflegevorsorge sei „ein langfristiges Projekt“, sagte er dem Spiegel. Das ist auf der einen Seite sehr löblich. Schließlich ist er der Kapitän und muss mit gutem Beispiel vorangehen, aufgeben ist also nicht. Auf der anderen Seite sollte man der Tatsache, dass die Reform bis hier hin weit hinter ihren Erwartungen zurück blieb, in die Augen schauen. Da einen Resignation aber noch nie weiter gebracht hat, gilt es nun die Gründe zu suchen.
Ein Grund scheint zumindest zu sein, dass die Branche selbst gar nicht wirklich auf die Situation vorbereitet war. Von den 42 privaten Krankenzusatzversicherern, bieten bis dato gerade einmal 12 einen entsprechenden Tarif an. Branchenkreise berichten lt. Spiegel, dass es bis zur Jahresmitte rund 20 Gesellschaften sein werden, die ihren Kunden förderungsfähige Pflege-Bahr-Tarife anbieten können. Eine gute Vorbereitung und bei Rennbeginn mit warmgelaufenem Motor und qualmenden Reifen an der Starlinie zu stehen, ist irgendwie etwas anders.
Verbraucherhschützer hingegen kritisieren, dass die subventionierten Tarife teurer sind, als die, die nicht durch den Pflege-Bahr gefördert werden. Gleichzeitig raten sie, noch einige Monate zu warten, bis es mehrere Tarife auf dem Markt gibt und somit auch die Transparenz ansteigt.
Fazit
Noch ist es logischer Weise zu früh, ein gültiges Fazit zu ziehen. Zwei Monate sind noch nicht ausreichend, um das richtig bewerten zu können. Allerdings wird auch schnell klar, dass eine gewisse Euphorie – sollte es diese denn überhaupt gegeben haben – relativ schnell im harten Umfeld der Realität erstickt ist. Es sind noch ganze 10 Monate, bis wir das Jahr 2013 als erledigt abhaken können. Noch 10 Monate, die diese Reform Zeit hat zu zeigen, dass sie sinnvoll war und ist und auch die gewünschten Effekte erzielen kann. Allerdings sehen die derzeitigen Prognosen eben nicht gerade günstig aus und es hat den Anschein, dass man entweder den falschen Weg gegangen ist, diesen nicht in seiner vollen Breite ausnütz oder eben nebenher noch weitere Wege beschreiten muss, um das gewünschte Ziel zu erreichen.